Wirtschaftsprüfung
04.02.2008
Handelsrechtlicher Einzelabschluss
Im handelsrechtlichen Einzelabschluss betreffen die Modernisierungsmaßnahmen zum einen den Ansatz und die Bewertung sowie den Ausweis von Vermögensgegenständen und Schulden. Zum anderen sind erweiterte Angaben im Anhang und Erklärungen im Lagebericht vorgesehen. Die geplanten Änderungen sind nachfolgend im Überblick dargestellt. Die Verweise auf §§ beziehen sich, soweit nicht anders angegeben, auf das HGB in der Fassung des Referentenentwurfes des Bundesministeriums der Justiz (BMJ), während sich §§-Angaben mit dem Zusatz „HGB“ auf die bislang noch gültige Rechtslage beziehen:

Ansatz
Bewertung
Bestandteile des Jahresabschlusses und Ausweis
Anhang
Lagebericht

Ansatz
Das Prinzip der wirtschaftlichen Betrachtungsweise beim Auseinanderfallen von rechtlichem und wirtschaftlichem Eigentum wird gestärkt (§ 246 Abs. 1); Stichwort: „substance over form“: Die Zurechnung eines Vermögensgegenstands wird davon abhängen, wer wirtschaftlicher Eigentümer ist, d. h. wer die aus dem Vermögensgegenstand resultierenden Chancen und Risiken zu tragen hat. Dadurch kann es zur Aktivierung von Vermögensgegenständen in der Bilanz kommen, die aus zivilrechtlicher Sicht dem Unternehmen nicht zuzurechnen sind.
Entgeltlich erworbene Geschäfts- oder Firmenwerte sind stets aktivierungspflichtig (§ 246 Abs. 1, Wegfall des § 255 Abs. 4 HGB). Dieser Vermögensgegenstand ist planmäßig über seine voraussichtliche Nutzungsdauer abzuschreiben, wobei die widerlegbare Vermutung gilt, dass die voraussichtliche Nutzungsdauer i.d.R. fünf Jahre nicht überschreitet.
Eine Pflicht zur Aktivierung der auf die Entwicklungsphase entfallenden Herstellungskosten von immateriellen Vermögensgegenständen wird eingeführt (§ 248 Abs. 2); das bislang in § 248 Abs. 2 HGB bestehende Aktivierungsverbot wird aufgehoben. Sie ist mit einer Ausschüttungssperre verbunden (§ 268 Abs. 8) und gehen mit erweiterten Anhangangaben einher. Eine Aktivierung von Forschungskosten ist weiterhin nicht zulässig (§ 255 Abs. 2). Der bilanzielle Ausweis wird durch die neu zu schaffende Bilanzposition „Selbstgeschaffene gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte“ erreicht (§ 266 Abs. 2 A.I.1).
Das Wahlrecht zur Bildung von Rückstellungen für unterlassene Instandhaltung und von Aufwandsrückstellungen wird aufgehoben (§ 249 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 HGB). Die Auflösung ist unmittelbar zugunsten der Gewinnrücklagen vorzunehmen (Artikel 66 Abs. 1 EGHGB).
Die Regelungen zur aktivischen Rechnungsabgrenzung von Zöllen, Verbrauchsteuern und Umsatzsteuer werden aufgehoben (§ 250 Abs. 1 Satz 2 HGB).
Die Möglichkeit, Ingangsetzungs- und Erweiterungsaufwendungen als Bilanzierungshilfe zu aktivieren, wird aufgehoben (§ 269 HGB).
Latente Steuern werden künftig nach dem bilanzorientierten Temporary-Konzept ermittelt. Der Ansatz aktiver latenter Steuern auf temporäre Unterschiede zwischen der Steuerbilanz und der Handelsbilanz anzusetzen, d.h. auch auf erfolgsneutral erfasste Unterschiede, in der Bilanz wird verpflichtend (§ 274). In diesem Zusammenhang wird eine Ausschüttungssperre in § 268 Abs. 8 aufgenommen. Aktive latente Steuern sind auch auf ungenutzte steuerliche Verlustvorträge und Steuergutschriften zu bilden. Kleine Kapitalgesellschaften sind allerdings von dieser Vorschrift befreit (§ 274a Nr. 5).
Der Grundsatz der sogenannten umgekehrten Maßgeblichkeit- spezielle steuerliche Regelungen, die keine vergleichbare Regelung in der Handelsbilanz hatten, konnten in die Handelsbilanz übernommen werden - wird aufgehoben (Wegfall der §§ 247 Abs. 3, 254, 273 und 279 Abs. 2 HGB, Änderung von § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG). Dies bedeutet, dass lediglich auf dem Steuerrecht basierende Abschreibungen (§§ 254, 279ff. HGB) und Rücklagen (§§ 247 Abs. 3, 273 HGB) in der Handelsbilanz künftig nicht mehr möglich sein werden.

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Bewertung
Die Rückstellungsbewertung wird dahingehend geändert, dass künftige Preis- und Kostensteigerungen bei der Rückstellungsberechnung zu berücksichtigen und die Rückstellungen - mit einem durchschnittlichen Zinssatz der letzten fünf Jahre bzw. dem Marktzinssatz der Deutschen Bundesbank in Abhängigkeit von der Laufzeit - abzuzinsen sind (§ 253 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2).
Analog zu den sonstigen Rückstellungen werden die Pensionsverpflichtungen mit dem nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrag bestimmt (§ 253 Abs. 1) und mit dem durchschnittlichen Zinssatz der letzten fünf Geschäftsjahre diskontiert (§ 253 Abs. 2). Damit sind auch künftige Gehalts- und Rentensteigerungen bei der Rückstellungsbewertung zu berücksichtigen. Die verpflichtende Anwendung eines bestimmten Bewertungsverfahrens ist jedoch nicht vorgesehen. Somit bleibt neben dem Anwartschaftsbarwertverfahren auch das steuerliche Teilwertverfahren weiterhin zulässig. Aufgrund dieser Änderung erforderliche Zuführungen können in gleichmäßig bemessenen Jahresraten bis zum 31. Dezember 2023 angesammelt werden (Art. 65 Abs. 1 EGHGB).
Für zu Handelszwecken erworbene Finanzinstrumente wird das Prinzip der Zeitwertbilanzierung – „beizulegender Zeitwert“ - eingeführt (§ 253 Abs. 1 Satz 3). Der beizulegende Zeitwert entspricht grundsätzlich dem Marktpreis bzw. ist anhand anerkannter Bewertungsmethoden zu bestimmen. Sofern eine Ermittlung nicht möglich ist, erfolgt der Rückgriff auf die Anschaffungs- und Herstellungskosten (§ 255 Abs. 4). Die Handelsabsicht muss dabei im Zugangszeitpunkt bestehen.
Das Abschreibungswahlrecht bei nur vorübergehender Wertminderung kann künftig von allen Unternehmen nur noch bezogen auf Finanzanlagen in Anspruch genommen werden (§ 253 Abs. 3, 279 Abs. 1). Eine voraussichtlich nicht dauerhafte Wertminderung ist nur dann anzunehmen, wenn die begründete Aussicht besteht, dass die Anhaltspunkte dafür innerhalb von zwölf Monaten wegfallen.
Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, die notwendigerweise nur zusammen genutzt werden, sind aus bewertungstechnischer Sicht zu einem einheitlichen Vermögensgegenstand zusammenzufassen (§ 253 Abs. 3 Satz 5).
Das Wahlrecht, Abschreibungen wegen künftiger Wertschwankungen vorzunehmen, wird aufgehoben (§ 253 Abs. 3 Satz 3 HGB).
Das Wahlrecht, Abschreibungen im Rahmen vernünftiger kaufmännischer Beurteilung vorzunehmen, wird aufgehoben (§ 253 Abs. 4 HGB).
Wertaufholungen bezüglich aller Formen von außerplanmäßigen Abschreibungen werden – mit Ausnahme solcher auf Geschäfts- oder Firmenwerte – für alle Unternehmen vorgeschrieben (§ 253 Abs. 5).
Die Bildung von Bewertungseinheiten zwischen Vermögensgegenständen, Schulden, schwebenden Geschäften oder mit höchster Wahrscheinlichkeit vorgesehenen Transaktionen zum Ausgleich gegenläufiger Wertänderungen oder Zahlungsströme wird gesetzlich verankert (§ 254). Sofern sich die Wertänderungen gegenseitig aufheben, ist keine Rückstellung zu bilden. Bewertungseinheiten sind steuerrechtlich durch die Vorschrift des § 5 Abs. 1a EStG bereits zulässig.
Der handelsrechtliche Herstellungskostenbegriff wird an den Vollkostenbegriff nach IFRS angenähert. Die Herstellungskostenuntergrenze wird an die steuerliche Untergrenze angepasst (§ 255 Abs. 2). Die Herstellungskosten umfassen somit zukünftig zwingend Einzel- und variable Gemeinkosten. Für angemessene fixe Gemeinkosten besteht ebenso weiterhin ein Wahlrecht wie für Fremdkapitalzinsen, die auf den Zeitraum der Herstellung entfallen. Das Aktivierungsverbot für Forschungs- und Vertriebskosten bleibt bestehen.
Im Zusammenhang mit der Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts wird der Begriff des aktiven Marktes eingeführt (§ 255 Abs. 4).
Die Bewertungsvereinfachungsverfahren werden auf LIFO und FIFO begrenzt (§ 256).
Die Umrechnung von Fremdwährungsposten im Einzelabschluss hat mit dem Devisenkassakurs des Transaktionszeitpunktes zu erfolgen (§ 256a).

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Bestandteile des Jahresabschlusses und Ausweis
Neu geschaffene Möglichkeit der Verrechnung von Vermögensgegenständen und Schulden (§ 246 Abs. 2 ), wenn diese ausschließlich zur Erfüllung dieser Schulden dienen. Dies resultiert aus einer Annäherung an die IFRS und hat als gedanklichen Hintergrund, dass Vermögensgegenstände, die nur zur Erfüllung von Schulden genutzt werden können und sich dem Zugriff des Unternehmens entziehen, keine Haftungsmasse für Gläubiger darstellen. Wesentliche Auswirkungen dürften sich auch auf die Bilanzierung von Pensionsverpflichtungen ergeben, da in Analogie zu IAS 19 eine Saldierung der Verpflichtung und des Planvermögens möglich sein wird.
Kapitalmarktorientierte Unternehmen, die nicht konzernrechnungspflichtig sind, müssen eine Kapitalflussrechnung und einen Eigenkapitalspiegel aufstellen, die mit Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung und Anhang eine Einheit bilden (§ 264 Abs. 1 Satz 2).
Der Ausweis nicht eingeforderter Einlagen wird künftig nur noch auf der Passivseite möglich sein (§ 272 Abs. 1 Satz 2).
Es wird vorgeschrieben, dass eigene Anteile auf der Passivseite vom „Gezeichneten Kapital“ abzusetzen sind (§ 272 Abs. 1a, Abs. 4).

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Anhang
Unternehmen werden verpflichtet, die nicht in der Bilanz erscheinenden Geschäfte im Anhang anzugeben (§ 285 Nr. 3).
Die grundlegenden Annahmen für die Bestimmung der beizulegenden Zeitwerte mittels Bewertungsmethoden sind anzugeben (§ 285 Nr. 20).
Für Geschäfte mit nahe stehenden Unternehmen und Personen zu nicht marktüblichen Bedingungen werden Angabepflichten im Anhang eingeführt (§ 285 Nr. 21). Die Abgrenzung des Begriffs „nahe stehende Unternehmen und Personen“ erfolgt unter Rückgriff auf die Definition des IAS 24. Durch die Angabepflicht sollen Bilanzadressaten in die Lage versetzt werden, sich ein Bild über die Auswirkungen solcher Transaktionen auf die Vermögens-, Finanzlage und Ertragslage des Unternehmens zu machen. Diese Änderung beruht auf der verpflichtenden Umsetzung einer EU-Richtlinie.
Zukünftig sind zu Anteilen an Spezialfonds i.S.d. InvG bestimmte Angaben im Anhang zu machen (§ 285 Nr. 26).
Es ist die Verpflichtung vorgesehen, im Anhang die Gründe der Einschätzung des Risikos der Inanspruchnahme für nach § 251 unter der Bilanz ausgewiesene Verbindlichkeiten und Haftungsverhältnisse anzugeben (§ 285 Nr. 27).

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Lagebericht
Kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften haben im Lagebericht die wesentlichen Merkmale des internen Risikomanagementsystems im Hinblick auf den Rechnungslegungsprozess zu beschreiben (§§ 264d, 289 Abs. 5). Das Risikomanagement ist dabei weit auszulegen, so dass auch Elemente des internen Kontrollsystems in die Beschreibung aufzunehmen sind.
Börsennotierte und bestimmte andere Aktiengesellschaften müssen eine sogenannte Erklärung zur Unternehmensführung in den Lagebericht aufnehmen (§ 289a) und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen; diese Erklärung ist nicht Gegenstand der Abschlussprüfung (§ 317 Abs. 2). Die Erklärung umfaßt die Punkte des Deutschen Corporate Governance Kodex, relevante Angaben zu Unternehmensführungspraktiken und eine Beschreibung der Arbeitsweise von Vorstand und Aufsichtsrat sowie der Zusammensetzung und Arbeitsweise von deren Ausschüssen.

Befreiender IFRS-Jahresabschluss
Durch besteht nunmehr die Möglichkeit zur befreienden Aufstellung eines IFRS-Jahresabschlusses (in Analogie zu der bereits existierenden Regelung des § 315a Abs. 3 i.V. m. Abs. 1 HGB), § 264e. Ein IFRS-Jahresabschluss ist jedoch nicht für Zwecke der Ausschüttungsbemessung geeignet. Ebenfalls muß das Problem der steuerlichen Maßgeblichkeit (noch) gelöst werden. Daher ist durch § 264e S. 4 HGB-E eine nach den Vorschriften des HGB erstellte Bilanz und GuV in den Anhang des IFRS-Jahresabschlusses aufzunehmen. Diese dienen sowohl der Ausschüttungsbemessung als auch als Anknüpfungspunkt für die Steuerbemessung gem. dem geplanten § 5 Abs. 1 S. 2 EStG-E. Somit ergibt sich für die betroffenen Unternehmen lediglich die Ersparnis, einen Anhang nach HGB aufzustellen. Eine verbreitete Anwendung des geplanten § 264e ist daher mehr als fraglich. Nach oben

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